Warum Overlay-Tools kein Ersatz für eine barrierefreie Website sind
Immer mehr Anbieter werben mit sogenannten Overlay-Tools, die versprechen, Websites mit wenigen Klicks barrierefrei zu machen. Nutzer können darüber etwa Kontraste anpassen, Farben umstellen oder Inhalte vergrößern – ohne dass an der eigentlichen Website etwas verändert wird. Klingt bequem – ist aber trügerisch. Denn diese Lösungen beheben in der Regel keine strukturellen Barrieren und erfüllen nicht die gesetzlichen Anforderungen.
Selbst die Überwachungsstellen des Bundes und der Länder warnen ausdrücklich vor dem alleinigen Einsatz solcher Tools. In diesem Beitrag erklären wir, warum Overlay-Tools keine echte Barrierefreiheit bieten, welche Risiken sie mit sich bringen – und was stattdessen wirklich hilft.
Was sind Overlay-Tools?
Overlay-Tools (auch Accessibility Widgets genannt) sind Softwarelösungen, die nachträglich über eine Website „gelegt“ werden. Sie bieten Funktionen wie:
- Schriftgrößenanpassung
- Kontrastmodi oder Graustufen
- Fokus-Anzeigen
- Text-to-Speech
- TastaturnavigationFarbfilter bei Farbsehschwächen
Die Anbieter versprechen eine „schnelle und einfache“ Lösung für Barrierefreiheit, teilweise sogar eine automatische Erfüllung gesetzlicher Anforderungen – etwa der BITV 2.0 oder der EU-Richtlinie 2016/2102.
Warum Overlay-Tools keine echte Barrierefreiheit schaffen
1. Barrierefreiheit muss im Quellcode beginnen
Echte Barrierefreiheit entsteht nicht durch eine zusätzliche Schicht, sondern durch strukturell saubere und zugängliche Entwicklung. Dazu zählen:
- Semantisch korrektes HTML
- Sinnvolle Überschriftenhierarchien
- Alternativtexte für Bilder
- Tastaturbedienbarkeit
- ARIA-Attribute für Screenreader
- Verständliche und klare Sprache
Overlay-Tools können diese Aspekte nicht nachträglich erzeugen – sie verändern lediglich die visuelle Darstellung.
2. Assistive Technologien sind bereits im Einsatz
Viele Menschen mit Behinderung nutzen eigene Assistive Technologien wie Screenreader oder Screen Magnifier. Overlay-Tools können mit diesen Tools in Konflikt geraten – z. B. durch doppelte Navigation, störende Modalelemente oder Scriptfehler. Einige Nutzer blockieren Overlays sogar aktiv, da sie die Bedienung erschweren.
3. Rechtlich nicht ausreichend – laut offizieller Stellungnahme
Die Überwachungsstellen des Bundes und der Länder für Barrierefreiheit in der IT (BFIT-Bund) stellten im März 2025 klar:
„Die Überwachungsstellen halten Overlay-Tools […] nicht für geeignet, eine barrierefreie Webanwendung im Sinne der gesetzlichen Vorgaben bereitzustellen.“
„Die Anforderungen an Barrierefreiheit müssen grundsätzlich in der Webanwendung selbst berücksichtigt und umgesetzt werden […] Die nachträgliche, durch eine Softwarelösung temporär barrierefreie Darstellung genügt diesen Anforderungen nicht.“
Quelle: bfit-bund.de – Gemeinsame Einschätzung zu Overlay-Tools